Donnerstag, 9. Juli 2015

Gebt das Hanf frei!

Wer hätte gedacht dass in Deutschland noch einmal Bewegung in die Cannabis-Prohibition kommt. Jahrzehntelang war der Konsens in den Mainstream Medien: Gras böse, Alkohol tolerierbar und gesellschaftlich akzeptiert. Diese Regel wurde vor gut zwanzig Jahren schon ein klein wenig aufgeweicht durch die gelegentliche vorsichtige Erwähnung des Fakts, dass Alkohol eine ebenso gefährliche Droge ist wie alle anderen Suchtstoffe auch. Dann kamen erste Artikel, die über den möglichen Nutzen von Cannabis in der Medizin berichteten. Es solle mehr geforscht werden hieß es und die totale Prohibition dieser uralten Kulturpflanze wurde von einigen Journalisten in Frage gestellt.


Me, ca 1995

Disclaimer bevor ihr weiterlest: Zur Zeit als dieser Wandel begann (oder ich ihn zuerst bemerkte) war ich ein Pothead, wie der Ami so schön sagt. Ich kiffte täglich mehrere Gramm Haschisch und fühlte mich gut dabei. Die nicht zu verleugnenden negativen Aspekte des exzessiven Konsums (Schwächung des Kurzzeitgedächtnis, Antriebslosigkeit) blendete ich höchst erfolgreich aus, ebenso wie die gravierenderen Nebeneffekte der anderen psychoaktiven Substanzen, die ich kurz darauf mehr oder weniger regelmäßig zu mir zu nehmen begann. Ich beendete erfolgreich, wenn auch völlig unmotiviert, meine Ausbildung zum Elektroniker (mit einem 1er Abschluss, möchte ich hinzufügen), brachte meine Wehrpflicht als Sanitäter hinter mich (wo ich es immerhin bis zum Hauptgefreiten schaffte) und arbeitete anschließend als Elektroniker im Schaltanlagenbau, im Kranbau, im Alarmanlagenbau. All das unter ständigem starken Einfluss von THC und CBD.

Als die ersten vorsichtig positiven Berichte über Cannabis veröffentlicht wurden waren meine Freunde und ich der Hoffnung, dass unser Hobby innerhalb einiger Jahre aus der Illegalität befreit werden könne. Wie sich herausstellte waren wir da etwas zu optimistisch. Zwar konnte man in den darauffolgenden Jahren immer öfter Artikel in den liberaleren Zweigen der Presse lesen, die das Potential von Cannabis als Schmerzmittel oder Appetitanreger bei Krebspatienten behandelten, aber eindeutige Forderungen nach einem Ende der Prohibition trauten sich die Journalisten dann doch nicht zu stellen. Und die Öffentlichkeit blieb im Glauben das Kiffen sei praktisch gleichzusetzen mit dem Spritzen von Heroin.

Währenddessen beschäftigte sich die Pharmaindustrie damit die Wirkstoffe des Cannabis synthetisch zu gewinnen um die "unerwünschten Nebenwirkungen" auszumerzen und potentiell eine neue cash-cow zu gewinnen. Was dabei herauskam waren mehrheitlich Rohrkrepierer, deren Wirkung wesentlich unberechenbarer als die von echtem Cannabis war (ein wenig mehr Info gibt's hier und hier) und die in der Herstellung, und damit auch im Handel, sehr teuer sind.

In der letzten Zeit häufen sich allerdings die Berichte in den Medien die relativ eindeutig Stellung pro Cannabisfreigabe beziehen. Aber ich will hier keine Chronologie der Cannabis-Prohibition und der Berichterstattung darüber erstellen. Das wäre zwar ein interessantes Thema, würde aber hier viel zu weit führen. Ich will auch nicht über die platten Versuche von konservativen Blättern wie der FAZ lästern, die mit den scare-tactics der siebziger Jahre die öffentliche Meinung zu beeinflussen versuchen. (das ist Blöd-Zeitungs Niveau und wer mich mit kreativen Milchmädchenrechnungen, die vorne und hinten nicht aufgehen, versucht zu überzeugen, der diskreditiert sich nur selbst. Auch wenn er noch so viele Doktortitel und Doppelnamen hat, Herr Professor Dr. Rainer Matthias Holm-Hadulla.)

Jedenfalls hat sich in den vergangenen Jahren einiges geändert in dieser Hinsicht und das ist auch gut so. Vom verteufeln einer uralten Kulturpflanze mit unglaublich vielen Anwendungsmöglichkeiten (Baustoff, Dämmstoff, Textilien, Kosmetik, Medizin, Papierherstellung und nicht zuletzt als Entspannungsmittel), haben wir uns sehr langsam in Richtung Akzeptanz bewegt. Und das ist auch gut so. Ich möchte hier nicht die Gefahren vom Gras- und Haschischkonsum herunterspielen. Kiffen kann, vor allem für Heranwachsende, sehr gefährlich sein. Es kann latent vorhandene Neigungen zu Psychosen verstärken. Es scheint als ob Depressionen dadurch ausgelöst werden können. All das kann passieren wenn man kifft. Wenn man Alkohol missbräuchlich benutzt, dann wird über kurz oder lang all das passieren. Und noch einiges mehr (mehr Infos).

nein, nicht das Kraut
Mit dem Kiffen ist es wie mit allem anderen auch: Die Dosis macht das Gift. Der Unterschied zum Alkohol besteht darin, dass selbst bei extremem Konsum die gesundheitlichen Folgen sehr überschaubar bleiben. Selbst die Politik scheint sich langsam an den Gedanken zu gewöhnen dass "unser gutes Kraut" kein mörderisches "Haschgift" ist. Bei denen haben naturgemäß die jahrelangen Beteuerungen von Wissenschaftlern und Konsumenten hinsichtlich der verhältnismäßigen Ungefährlichkeit nichts gebracht. Nein, was die "Damen" und "Herren" nun allmählich zu überzeugen scheint ist die gute alte Gier. Mit Cannabis kann man Geld verdienen. Steuereinnahmen winken und da lassen sich dann auch Politiker zum Nachdenken anregen.
...sondern dieses

Mir persönlich ist es egal warum die Gierhälse in unserer Regierung nun anfangen mehr oder weniger ernsthaft über die Möglichkeiten einer Legalisierung nachzudenken. Ich bin nur gespannt was dabei herauskommt. Meine Befürchtungen diesbezüglich habe ich hier ja schon vor einigen Monaten einmal kundgetan. Die Zeiten in denen ich gekifft habe wie ein Schlot sind lange vorbei, aber über ein Ende der Prohibition würde ich mich dennoch freuen

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