Samstag, 16. Januar 2016

Erst wenn das Kind ins Schwimmbad gefallen ist...

Da weiß doch der Syrer gleich was gemeint ist.
Comic Sans - das neue Esperanto (©gmx.net)
Gestern berichtete Fefe über ein Schwimmbad-Verbot für männliche Flüchtlinge im Ort Bornheim in Nordrhein-Westfalen. Dort haben sich wohl einige Besucherinnen und Angestellte über sexuelle Belästigungen durch Männer aus der in der Nähe liegenden Asylbewerberunterkunft beklagt. Allerdings habe es sich bei den Vorfällen "nicht um Straftaten gehandelt", gibt der zuständige Sozialdezernent Schnapka an. Einige junge, männliche Flüchtlinge hatten Frauen verbal belästigt (schreibt der Bonner Generalanzeiger, nicht aber Spiegel Online). Einerseits halte ich es ja für ein normales Vorgehen dass Menschen, die sich nicht benehmen können in einem Schwimmbad Hausverbot erhalten. So etwas gab es bei uns in der Eifel schon in den achtzigern und damals hat der Spiegel es meines Wissens nicht für notwendig befunden einen Artikel darüber zu veröffentlichen.

Andererseits sieht die Sachlage hier natürlich etwas anders aus, da einer ganzen Gruppe wegen des Fehlverhaltens Einzelner pauschal der Zugang verwehrt wird, was imho mehr als problematisch ist. Schließlich wird ja auch nicht gleich allen Jugendlichen der Zugang zu einem Schwimmbad verweigert, wenn darunter ein oder zwei Penner sind, die irgendwelche Mädchen blöd anmachen. Abgesehen von den Problemen bei der Durchsetzbarkeit eines solchen Verbots (will man allen Ernstes Passkontrollen einführen?), würden sich die zu Unrecht ausgesperrten Jugendlichen über solch eine Pauschal-Verurteilung schwerstens aufregen.

Die Bewohner der betroffenen Unterkünfte waren da wohl besonnener als die hypothetischen Jugendlichen aus meinem Beispiel und zeigten Verständnis für die Anordnung (die übrigens nächste Woche schon wieder aufgehoben werden soll). Keine Frage dass solch ein Verhalten nicht zu dulden ist, aber auch hier wird von den sogenannten Qualitätsmedien wieder "die Flüchtlinge sind alles Sexualstraftäter" impliziert, was der momentanen protofaschistischen Stimmung natürlich sehr zuträglich ist und jede Menge Klicks generieren dürfte. Dahingehend bezeichnend ist auch jegliches Fehlen eines Hinweises auf die Art der Belästigungen im Spiegel-Artikel. Dass es sich um sechs Beschwerden über "chauvinistisches Verhalten" gehandelt hat erfährt man nur, wenn man den Originalartikel im Generalanzeiger liest.

Das Hallenbad in Hermeskeil (©Hermeskeil.de)
Erwähnenswert finde ich diese Nachricht deshalb, weil ich dieser Tage noch von einem anderen Schwimmbad -in der Kleinstadt Hermeskeil in der Nähe von Trier- berichtet bekam. Dort hätten angeblich Flüchtlinge freien Eintritt, weil es in der örtlichen Asylunterkunft nicht ausreichend sanitäre Anlagen gibt(!) und benützten dementsprechend das Schwimmbad praktisch als Badezimmer. Und auch als Toilette. "Die kacken da in die Ecken" hieß es wohl im typisch hyperbolischen Kneipengespräch in einem Nachbarort von Hermeskeil. Ich hatte dem im ersten Moment wenig entgegenzusetzen außer einem gemurmelten "Das ist doch bestimmt maßlos übertrieben".

Heute habe ich mir dann die Mühe gemacht und etwas recherchiert. Eine Minute Duckduck-fu später stellte sich heraus, dass es tatsächlich einen Post auf Facebook in der Richtung gegeben hatte. Allerdings wurde selbst dort nicht behauptet die Flüchtlinge kacken in die Ecken. Es wurde von Besuchern die mit schmutziger Unterwäsche baden und ihre Körperpflege (Intimrasur, Nägel schneiden, usw.) in den Duschen ausführen berichtet. Das ist natürlich schlimm genug für den reinlichen Hinter Hochwäldler und genausowenig zu dulden wie das unmögliche Verhalten der paar Arschlöcher in Bornheim. Aber in einem Artikel im lokalen Käseblatt hatte der Hermeskeiler Ortsbürgermeister bereits Anfang Dezember erklärt, dass es nicht stimme dass die Flüchtlinge dort freien Eintritt hätten, aus welchem Grund auch immer. Weiter sagte der Mann: "Integration bedeutet Schwerstarbeit, und es gibt nun mal kulturelle Unterschiede." In der Heimat vieler Flüchtlinge sei es üblich, dass man dort ins Badehaus geht, um Körperpflege zu betreiben. Hierzulande würde das als unhygienisch angesehen. Recht hat er.

Die deutschen Bürokratenschimmel hatten im Vorfeld schlicht nicht daran gedacht die ausgehangenen Baderegeln in die jeweiligen Landessprachen der Neuankömmlinge zu übersetzen, was jetzt natürlich eiligst nachgeholt wird, genauso wie eine Art von Benimmkurs (euphemistisch: Badepass) für die Flüchtlinge in denen ihnen die hiesigen Gebräuche und (Bade-)Regeln nahegebracht werden sollen. Aber jetzt ist das Kind natürlich längst ins Schwimmbad den Brunnen gefallen und noch Wochen später erzählen sich die Salonfaschisten in der Kneipe die Schauergeschichte von den ins Becken kackenden Asylanten von Hermeskeil...

2 Kommentare:

  1. Kauft nicht beim Juden ein. Geht nicht ins Schwimmbad, wenn dort Flüchtlinge sind.

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    1. jo, ist ja nichts neues. War damals als die Ossis kamen genau das selbe. Auch von Seiten der Scheißpresse sofern ich mich richtig erinnere.

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