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Beweisstück A |
Das Gerät leistete mir in meiner nur dürftig beheizbaren Altbauwohnung in den vergangenen drei oder vier Wintern immer gute Dienste. In letzter Zeit stellte ich jedoch fest, dass der Kasten zwar heiss wurde, diese Hitze aber nur noch in unmittelbarer Nähe des Gerätes zu spüren war. Und das obwohl der Lüfter sich noch drehte wie eh und je. Also, sagte ich mir als alter Elektriker, schraubste das Teil halt auf und machst die Kiste mal sauber. Das aber war leichter gesagt als getan, denn nachdem ich die offensichtlichen sechs Schrauben auf der Rückseite des Geräts gelöst hatte, bekam ich den Deckel trotzdem nicht ab. Ich konnte die Rückseite zwar etwas ablösen, aber nicht abnehmen um zwecks Reinigung an den Lüfter zu kommen.
Ich schaute mir das Gerät etwas genauer an und entdeckte auf der Unterseite, unter vier selbstklebenden Gummidingern, vier weitere Schrauben. Drei dieser Schrauben ließen sich auch problemlos lösen, bei der vierten aber war einer dieser gemeinen Spezialköpfe auf der Schraube, die sich mit handelsüblichem Werkzeug nicht lösen lassen. Na super. Mit ein wenig Gewalt und viel Fingerspitzengefühl bekam ich den unteren Deckel dann soweit zur Seite geschoben, dass ich zumindest den Wackelkontakt am Kabel beheben konnte. Aber den ganzen Kasten zerlegt bekam ich so immer noch nicht. Ich fummelte noch einige Minuten vergeblich an dem Gerät herum, jedoch näherte sich meine Geduld rasant ihrem Ende zu und mein Heizlüfter lief Gefahr an einer Wand ein gewaltsames Ende in Form von einem Haufen Plastik- und Platinensplittern zu nehmen. Ich stocherte eine Weile mit einem Schraubenzieher und meinem kleinen Staub-Pinsel (eigentlich zum Lüfter reinigen am PC gedacht) in den rückwärtigen Lüftungsschlitzen des Heizgeräts herum um wenigstens etwas von dem jahrealten, nikotin- und teerverseuchten, Staub herauszubekommen. Dies blieb -natürlich- zum größten Teil erfolglos und ich begann, mich körperlich und seelisch auf einen Akt sinnloser Zerstörung vorzubereiten.
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Don't try this at home, kids |
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Stilleben: 1 Million Staubmilben, 10.000 Zigaretten, 100 Haare, 10 Teile Plastik und Werkzeug |
Ein kompliziertes Wort, diese
Also, denken sich die Rechenfüchse (aus der BWL-Baumschule) in den Unternehmen, wenn wir jetzt unser Produkt mit absichtlich schlechterer Qualität herstellen, dann können wir ja gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erstens wird die Produktion billiger und zweitens können wir das gleiche Gerät an den selben Kunden immer wieder verkaufen. Ein genialer Schachzug.
Natürlich muss man aufpassen, dass der
Festplatten zum Beispiel hatten früher mal eine Garantie von 10 Jahren und hielten diese auch meistens problemlos durch. Dann waren es noch sieben Jahre, später fünf, dann drei Jahre. Mittlerweile kann man froh sein, wenn ein HDD-Hersteller diese drei Jahre noch gibt und man muss in der Regel dafür eine Registrierung vornehmen und dem Hersteller Dinge über sich preisgeben, die ihn eigentlich nichts angehen. Die Telefonnummer zum Beispiel, oder die Schuhgröße, Mädchenname der Mutter, sexuelle Vorlieben... Ok, ganz so schlimm ist's dann doch wieder (noch) nicht. Aber jeder, der mal eine Registrierung bei einer solchen Firma hinter sich gebracht hat, weiss wovon ich rede.
Der Grund für die überbordende Wissbegier ist simpel. Diese Daten sind für eine Firma wie Samsung (nur als Beispiel) bares Geld wert, denn die lassen sich prima weiterverhökern an irgendwelche Werbefuzzis. Wer's nicht glaubt kann ja mal bei Heise nach den Samsung Schlau-TVs suchen, da wird man schnell eines Besseren belehrt.
Zugegeben, mir ist in den vergangenen 20 Jahren nur einmal eine (interne) Festplatte im Betrieb abgeraucht und die war schon sieben Jahre alt und hatte ihren Dienst wirklich getan. Allerdings werden bei mir Festplatten auch sehr pfleglich behandelt. Trotzdem, vielleicht nicht so ein ideales Beispiel.
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Solche Schaltpläne waren früher bei Elektrogeräten Standard |
Ich könnte fast die selbe Geschichte jetzt über Waschmaschinen (eine meiner Großtanten benutzte noch in den späten 80ern ihren über fünfzig Jahre alten Toploader, man suche sich heutzutage mal eine Waschmaschine die länger als zwölf Jahre lang hält), Bohrmaschinen oder Kühlschränke erzählen, you name it.
Diese kleine Geschichte der (Lebens-)Zeit (von Elektrogeräten) beweist natürlich überhaupt nichts und doch lässt sich ein Trend nicht leugnen: Die Lebenszeit unserer Elektronik wird immer kürzer. Natürlich ist ein Teil dieser Lebensverkürzung der rasanten Entwicklung geschuldet, die in den Consumer-Electronics Sparten abläuft. Aber wenn ich Artikel lese über Waschmaschinen, die einen eingebauten Zähler haben, der sie nach soundsoviel Waschvorgängen über den sprichwörtlichen Jordan schickt, dann bekomme ich einen Hals. Genauso bei Fernsehern oder Mainboards mit absichtlich minderwertigen Kondensatoren, oder mit schlampig verarbeiteten Platinen und kalten Lötstellen.
Ich bin beileibe kein Öko und auch kein tree-hugger, wie die Amis das so schön nennen. Aber wenn Firmen hingehen und ihre Hardware absichtlich scheisse produzieren, nur damit ich mir in zwei Jahren wieder ein neues Gerät XY zulegen muss, dann komme ich mir als Kunde verarscht vor. Und wenn ich mir verarscht vorkomme, dann ziehe ich daraus Konsequenzen und kaufe mir halt kein neues Schlau-TV von Firma X, sondern eines von Firma Y, welche ich vorher recherchiert und für gut (oder zumindest besser) befunden habe.
Warum ist es heute nicht mehr möglich, dass Unternehmen qualitativ hochwertige Geräte produzieren, die auch nach 10 oder 20 Jahren noch ihren Zweck erfüllen? Ganz abgesehen von der fehlenden Nachhaltigkeit bei dieser Wegwerfmentalität, das Vertrauen in Firmen mit einem solchen Fleck auf der ach so grünen Weste ist dadurch, bei mir zumindest, nachhaltig zerstört (ach, da ist sie ja dann wieder, die Nachhaltigkeit).
Toll geschrieben. Und so wahr
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