Dienstag, 23. August 2016

Hello, Friend

Lange habe ich keine TV-Serie mehr besprochen, weil ich auch lange nichts gefunden habe wo sich ein Review gelohnt hätte. Dann ist vor einigen Wochen die zweite Staffel einer (für mich) überraschend guten Serie über einen Hacker angelaufen, die mich dazu veranlasst hat mir die erste Staffel noch einmal anzugucken. Dabei stieß ich auf so viele kleine Details, die mir beim ersten Ansehen entgangen waren, dass ich den zweiten Durchlauf fast noch mehr genoss als den Ersten.
Es handelt sich um Mr. Robot.

Es geht in dieser Show von Sam Esmail um Elliot Alderson der, oberflächlich betrachtet, der typische Nerd zu sein scheint. Ein unscheinbarer Typ mit sozialen Anpassungsschwierigkeiten, der als Hobby und Ersatz für soziale Nähe seine gesamte nähere Umgebung hackt um so ein wenig an deren Leben teilhaben zu können, ohne sich selbst in die Gefahr eines direkten Umgangs mit seinen Mitmenschen zu begeben. In der Ersten Episode wird man gleich mit einem Bruch der vierten Wand begrüßt, den ich so in einer Fernsehserie auch noch nicht gesehen habe. Der Hauptcharakter Elliot begrüßt mich mit Hello, Friend und erklärt mir, das ich sein eingebildeter Freund sei und überlegt, ob er mir einen Namen geben soll. Dann erzählt er, dass er ein Geheimnis kennt, eine Verschwörung größer als alles andere. Das wir alle heimlich beherrscht werden von einer elitären Gruppe, den top 1% of the top 1%. Und die sind nun hinter ihm her, glaubt er.

Okay, denkt man als Zuschauer an diesem Punkt, ein durchgeknallter Aluhutträger dem man jetzt entweder beim Aufdecken dieser Verschwörung oder beim abtauchen in den Wahnsinn zugucken darf. Dexter meets Hackers, oder so ähnlich. Mein Interesse ist auf jeden Fall geweckt. Aber zunächst zeigt Elliot mir erst einmal schnell was er kann (indem er einen Kaffeekettenbesitzer, der einen Kinderpornoring leitet bei der Polizei auffliegen lässt), wo er arbeitet und wie er mit seinen Kollegen und seiner scheinbar einzigen Freundin umgeht. Dann sehen wir ihn bei seiner Therapeutin sitzen, die er besser kennt als sie ihn.

Das alles klingt jetzt erst einmal nicht nach besonders viel, aber die Art wie der Hauptdarsteller (Rami Malek) diesen verlorenen, einsamen Typen spielt, hat mich von der ersten Minute an gefesselt und ich konnte mich auf Anhieb mit Elliot auf einer, für eine Figur in einer Fernsehserie, unheimlich tiefen Ebene verbunden fühlen. Besonders nach seiner ersten (imaginären) Schmährede bei seiner Therapeutin gegen die moderne Gesellschaft und ihre Bigotterie und Falschheit, hat der Mann und die Serie bei mir schon gewonnen. Ich bin drin in Elliots Welt und die Serie ist noch keine Viertelstunde alt. Sowas passiert mir nicht so wahnsinnig oft. Von der weiteren Handlung will ich hier nicht viel mehr schreiben, um die Story und die (teilweise ziemlich offensichtlichen) Twists nicht zu spoilern. Die Parallelen zu großen bekannten Filmen werden zelebriert (kleines Beispiel, ein Lied, das aber auch schon als Spoiler gewertet werden kann, also vorsicht, wenn ihr die Serie nicht kennt und wirklich uneingeschränkt genießen wollt klickt vielleicht nicht auf den Link).

Was mir außerdem noch sehr gut gefällt an der Serie, ist zum Einen der Umstand dass die technischen Aspekte sehr gut recherchiert sind und tatsächlich Sinn ergeben und realistisch sind. Die Hacks die gezeigt werden sind kein Techno-magisches Voodoo sondern basieren alle auf den realen Möglichkeiten, keine animierten Viren die "Sie wurden gehackt" auf irgendwelchen Bildschirmen aufpoppen lassen und keine sinnlosen Montagen von wie wild auf Keyboards rumklappernden Hackern, wie das sonst bei Filmen zu der Thematik durchaus üblich ist. Zum anderen ist es die großartige Kameraführung und Szenenkomposition, die so genial vollgestopft ist mit Hinweisen auf kommende und vergangene Plotpunkte und jede Menge Eastereggs (es lohnt sich tatsächlich bei den Shots von irgendwelchen Monitoren bei Hacks einen Freezeframe zu machen und dort angegebene IPs anzusurfen und ähnliches) und einige Cameos.

Die zweite Staffel geht, im Gegenteil zur ersten, etwas gemütlicher an den Start und nimmt, nach dem großen Twist am Ende der ersten Staffel, auch eine eher unerwartete Richtung. Was viele Leute scheinbar stört, wenn man sich die Boards auf der IMDB anguckt. Ich persönlich finde sie eigentlich fast noch besser als die erste, weil die Charaktere immer deutlicher gezeichnet werden. Im Moment ist das die Show auf die ich die ganze Woche warte, um zu sehen wie es weitergeht mit Mr. Robot und EvilCorp, so wie es damals bei der ersten Staffel von Game of Thrones oder bei Breaking Bad war. Ach, und Christian Slater spielt übrigens auch mit, aber das ist nicht weiter schlimm. ;-)
Hier noch eine kurze Review (auf englisch, ohne Spoiler, naja fast ohne Spoiler, allein die Nennung der Inspirationen für die Serie sind IMHO schon grenzwertig, aber was solls):


Fazit: 9/10 die fast perfekte Hackershow mit einer Liebe zum Detail, die man nicht alle Tage sieht.

6 Kommentare:

  1. Hallo Hubert,
    da werd ich doch mal reinschauen - hört sich interessant an.

    Ich suchte (um in der Sprache der Jugend zu bleiben) gerade mit Black Sails rum. Hab da ursprünglich nur mal rein geschaut, weil mir die 1. Staffel in die Hände fiel.
    Die Serie ist sozusagen das Prequel von der 'Schatzinsel' (ein Buch, das ich als Kind geliebt habe) und spielt in Nassau und natürlich auf den Planken von Piratenschiffen (ab der 2. Staffel auch in London). Ich war überaus positiv überrascht von der Charakterzeichnung der Protagonisten, der vielschichtigen Story und der Ausstattung. Die Seeschlachten sind sehr atmosphärisch inszeniert und man schmeckt dabei fast das Salzwasser auf den Lippen. Besonders überrascht war ich über die Qualität der Serie, da sie von Michael Bay produziert wird. Das einzig unrealistisch anmutende ist das Aussehen der Beisserchen der Piraten. Es mutet an, dass als Bonus zur Gage die Schauspieler am Set kostenlos gebleacht wurden. Aber da kann man sich dran gewöhnen.
    Wenn Du meinen Tipp folgst, bitte die von mir erdachte 4-Folgen-Regel beachten, die besagt, dass man eine Serie erst nach den ersten vier Folgen beurteilen kann und sollte.
    Zum anfixen:
    Hier der Trailer der 1. Staffel
    https://www.youtube.com/watch?v=Pvxpv_fycl8
    Und hier die gesamte 1. Folge (in englisch)
    https://www.youtube.com/watch?v=Cc-7aVwbFOQ

    Wünsch Dir noch nen schönen Tag.

    LG
    Dude

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    1. Oh das sieht aber auch interessant aus, werde ich mir mal besorgen wenn ich mit den Narcos (Pablo Escobars Story aus Sicht eines DEA Agenten, auch nicht schlecht) fertig bin.

      Grüße auch

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    2. Ja, mach das! Wenn Du auch nur das geringste mit dem Piratensetting anfangen kannst, wirst Du es sicherlich nicht bereuen. Und die Handlung nimmt immer mehr Fahrt auf...
      Außerdem ist es interessant, mal anarchistische Gesellschaftsstrukturen zu beobachten. :-)

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    3. Jepp, das hat mich an der Piratenkultur schon immer fasziniert. :-)

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  2. "Yo Bro'!" :-)

    Schaue gerade die 2. Episode und bin total begeistert!
    Als Serienjunkie wundert es mich, dass die Serie bislang an mir vorbeigelaufen ist.

    Umso dankbarer bin ich für den Tipp!

    LG
    Dude

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  3. Alles klar bei Dir?
    Ich vermisse Deine Texte.
    Wäre schade, wenn Du keine Lust mehr hättest.
    Könnte es aber auch verstehen. Wollte auch schon mehrfach die Brocken hinschmeißen.

    Lass Dich nicht unterkriegen!

    LG Dude

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