Samstag, 13. Juni 2015

Wahlbeteiligung

Die Politik hat festgestellt, dass sie etwas gegen die Wahlbeteiligung tun muss. Äh, also gegen die zu niedrige Wahlbeteiligung. Die konstant sinkende Rate an Stimmvieh, dass brav alle paar Jahre seine Kreuzchen irgendwo auf einem Zettelchen macht, führte jetzt dazu dass sich eine "ganz große Koalition" (SZ) aus allen größeren Parteien gebildet hat.

Bei den Europa-Wahlen geht schon seit Ewigkeiten nicht mal mehr jeder Zweite wählen, bei den Landtagswahlen dümpelt die Wahlbeteiligung um die 50% und selbst die Bundestagswahlen kommen nicht mal mehr auf drei Viertel (bei der letzten waren es laut süddeutsche noch 71,5% im Gegensatz zu den 91% von 1972). Nun sorgen sich die werten Damen und Herren aus der Politik um die Legitimation der Parlamente und über die Gesundheit unserer Demokratie. Die Parteien fragen sich woran das liegen könnte(!) und haben sich deshalb jetzt zusammengetan um heraus zu finden was da faul ist im Gebälk.

Man traf sich in kleiner Runde (Geschäftsführer, Generalsekretäre) und hat dann ganze anderthalb Stunden darüber debattiert woran es liegen könnte, dass das Volk seinen Herrschern die Zuneigung immer mehr entzieht. Wie das so üblich ist in der Politik, kamen dabei keine Ergebnisse raus, aber immerhin hat man beschlossen das Problem in vier Themenkomplexe aufzuteilen, vermutlich damit man dann besser darüber debattieren kann. Die vier Komplexe lauten:

  1. Die Ursachen für niedrige Wahlbeteiligung herausfinden. Was kann man tun gegen die unterschiedliche Beteiligung verschiedener sozialer Schichten. Peter Tauber (CDU) meinte dazu übrigens, Leute die nicht wählen könnten ja auch zufrieden sein mit der Regierung. Ja klar Pitti Langstrumpf, so wird's sein. Alles ist gut im Taka-Tuka-Land, warum also wählen gehen. m(
  2. Das Wahlrecht. Soll ein Kommunalwahlrecht für Ausländer eingeführt werden (Das war ein Vorschlag der Nato-Grünen)? Die CxU fragt, ob eine Vereinfachung des Wahlrechts die Wahlbeteiligung erhöhen könnte? (Die Union hält offenbar alle Bürger für Vollidioten. Das kommt dabei heraus wenn man immer von sich auf andere schließt)
  3. Partizipation. Würden Volksabstimmungen helfen die Politik-müden wieder zu aktivieren? Eine Stärkung der innerparteilichen Mitbestimmung wäre sicher auch hilfreich
  4. Politische Kultur. Da will man z.B. einen "Verfassungstag" einrichten, an dem in Schulen, bei der Bundeswehr oder in Unternehmen "für die Demokratie geworben" wird (auch eine Idee der Union).
Jetzt wollen die Herren Generalsekretäre im Laufe der kommenden Woche die vier Eckpunkte ausformulieren,  um dann anschließend ihre jeweiligen Parteistiftungen dazu zu bewegen sich mit dem Katalog zu beschäftigen. Da haben sich also ein paar Politiker zusammengesetzt und bei einer Tasse Kaffee über die Stärkung des Interesses an Politik geredet, sich anschließend gegenseitig auf die Schulter geklopft und beschlossen, die eigentliche Arbeit daran an ihre Parteistiftungen zu delegieren. 

Hervorragende Leistung meine Herren, damit haben Sie eines der Probleme unserer Demokratie-Simulation schon mal schön demonstriert. Wenn ihr etwas gegen die niedrige Wahlbeteiligung tun wollt, dann tut was. Eine gute Stunde beim Kaffee trinken darüber schwadronieren, dass das ein Problem ist und dass man da was machen müsste, nur um die eigentliche Arbeit dann an irgendeine Stiftung zu out-sourcen, das ist nicht was tun. Das ist dummes Labern mit anschließendem Abwälzen sämtlicher Verantwortlichkeit auf irgend wen sonst. Genau so wie wir es von euch Heuchlern seit Jahrzehnten gewöhnt sind.

©Harm Bengen/toonpool.com
Und überhaupt, die fragen sich ernsthaft nach den Ursachen der niedrigen Wahlbeteiligung? Wirklich? Ich kann denen sagen warum die Wahlbeteiligung sinkt. Die sinkt weil immer mehr Leute feststellen dass, egal was sie wählen, immer nur gegen den Volkswillen regiert wird. Die sinkt weil es mittlerweile völlig egal ist wen man wählt. Ist die jeweilige Partei erst an der Macht, ist die Politik immer dieselbe: Wirtschaftsinteressen gehen vor, der einzelne Bürger (wenn er nicht zig Millionen Euro auf der Kante hat) hat sich gefälligst dem Markt unterzuordnen. Die sinkt weil die "alternativlose" Politik, die die in den letzten Jahrzehnten gefahren haben, dem Bürger nur noch die Wahl zwischen Pest, Cholera und Syphilis lässt. Die sinkt weil die ihre Wahlversprechen nach den Wahlen genauso schnell wieder vergessen wie sie sie vorher ausgekotzt haben. Die sinkt weil die ihre Standpunkte schneller wechseln als andere Leute ihre Socken. Darum und aus tausend anderen, ähnlichen, Gründen sinkt die Wahlbeteiligung. Die Demokratie liegt im Sterben und diese Arschlöcher denken, mit einem Verfassungstag könnten sie irgendetwas positives erreichen? Werbung für die marktkonforme Demokratie. Die haben doch den Schuss nicht gehört.

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