Sonntag, 19. April 2015

Schatten an der Wand

"Wenn zwei Knaben jeder einen Apfel haben und sie diese Äpfel tauschen, hat am Ende auch nur jeder einen. Wenn aber zwei Menschen je einen Gedanken haben und diese tauschen, hat am Ende jeder zwei Gedanken."

Die Tage habe ich auf Youtube diese schöne Animation entdeckt, die Platons Höhlengleichnis erzählt:


In dieser Allegorie leben Menschen gefangen in einer Höhle, gefesselt mit dem Rücken zum Ausgang vor dem ein großes Feuer brennt, welches Schatten an die Wand wirft. Die Gefangenen halten die Schatten... Ach es dauert mir jetzt zu lang das ganze Gleichnis zu erklären, guckt euch einfach das Video an oder lest auf Wikipedia die Erklärung.

Das war nicht das erste Mal, dass ich vom Höhlengleichnis gehört habe, aber ich hatte es völlig vergessen bis ich dieses Video entdeckte. Nicht das ich es in der Schule gelernt hätte. In meiner katholischen Realschule wurde mehr Wert auf Religion gelegt, Ethik-Unterricht wurde nur theoretisch angeboten und zwar Nachmittags, wohl wissend dass kein Teenager freiwillig Nachmittags in der Schule bleibt, nur weil er keinen Religionsunterricht machen will. Dementsprechend wurden die alten Philosophen, zumindest soweit ich mich erinnern kann, nur im Geschichtsunterricht kurz angesprochen. So stieß ich auf das Höhlengleichnis erst Jahre später, obwohl die zentrale Aussage dieser Allegorie mich schon seit langem begleitet und man sie zum Beispiel in vielen guten Filmen, mehr oder weniger ausgearbeitet, wiederfinden kann (Die Matrix, Cloud Atlas, Dark City, Truman Show, The 13th Floor, eXistenz, The Machinist, usw.).

Nicht sicher bin ich mir ob ich jetzt noch geblendet bin von der Helligkeit der Sonne nach dem Aufstieg aus der Höhle, oder ob ich mich nach dem (Wieder-) Abstieg erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen muss um die Schatten an der Wand zu erkennen und ihnen einen Sinn abzugewinnen. Was ich aber mit ziemlicher Sicherheit weiß, ist dass meine Verwirrung groß genug ist um mich so zu verunsichern, dass ich nicht weiß wie ich jetzt weiter verfahren soll.
Ich habe das Gefühl, dass um mich herum die meisten Menschen keine Ahnung haben wovon ich rede, bzw. sich (teilweise) aktiv weigern mich zu verstehen, wenn ich ihnen meine Sicht auf die Dinge zu erklären versuche. Mir absolut logisch erscheinende Ideen werden mit fadenscheinigen Argumenten abgewehrt. Liegt das daran dass ich mit Gefangenen über Dinge rede, die sie nur als Schatten und damit unwahre Darstellungen wahrnehmen? Oder bin ich der Verblendete, der die Dinge noch nicht richtig erkennen kann, weil die Sonne mich nach der Gefangenschaft in der Höhle so blendet, dass ich alles nur unscharf erkenne?

Was auch immer die Wahrheit ist, ich bin entschlossen weiter nach ihr zu suchen und, allen Widerständen zum Trotz, mich nicht mehr als Gefangener von Schatten an der Wand zum Narren halten zu lassen. Denn das Erkennen vom Schönen, Guten und Wahren erscheint mir wesentlich wichtiger als ein "produktives", "normales" oder "gesellschaftlich anerkanntes" Leben zu führen.
Es wäre halt nur schön wenn mir auch von Außenstehenden hin und wieder das Recht auf diese Suche nach Erkenntnis zugestanden würde. Da dies aber, bis auf sehr wenige Ausnahmen, niemand tut, werde ich wohl ohne dieses Zugeständnis weitermachen. Immer hoffend dass ich nicht einer der Angebundenen bin, die sich mit Zähnen und Klauen dagegen wehren die Wirklichkeit zu erkennen wie sie ist. Sondern einer der wenigen Glücklichen, denen ein Aufstieg aus der Höhle möglich ist.

Zum Abschluss noch'n Zitat:
"Weise reden, weil sie etwas zu sagen haben, Toren sagen etwas, weil sie reden müssen."
In diesem Sinne halte ich jetzt vorerst meinen Mund ;-)

1 Kommentar:

  1. Ein sehr schöner Artikel. Ich mag Gleichnisse, weil sie meistens in wenigen Wörtern das Zentrale ausarbeiten, was Andere umständlich umschreiben und mit zu vielen Gedanken und Wörtern totbesprechen. Außerdem haben sie oft etwas Universelles an sich, d. h. irgendwie galten sie früher und gelten noch heute und auch wahrscheinlich in der Zukunft.
    Ich schätze mal, jeder einzelne hat seine eigene "Wahrheit", aber man sollte sich doch schon auf den Weg machen und sie suchen und sie sich nicht einfach aufstülpen lassen. LG

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